Erfolgreiche Premiere: Ettlingen für Demokratie

In der Buchhandlung Abraxas war eine Station beim Demokratiegang. Buchhändlerin Frau Hirsch erklärt den Ablauf

Durchweg gut besuchte Vorträge, viel positive Resonanz und zufriedene Gesichter bei allen Mitwirkenden – so die kompakte Bilanz des ersten Veranstaltungsrundgangs rund um das Thema "Demokratie" im Kontext der Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit.

Der Rundgang führte über insgesamt sieben Stationen: Die Stadtbibliothek mit "Texten gegen das Vergessen", das Museum mit "Bildern gegen des Vergessen", das Begegnungszentrum mit einem Impulsvortrag des ehemaligen Ettlinger Oberbürgermeisters Josef Offele zur "Wehrhaften Demokratie", den BegegnungsLaden mit einer Buchvorlesung von Judence Kayitesi sowie eine proppenvolle Buchhandlung Abraxas mit "Gedichten gegen das Vergessen". Anschließend ging es zum Abschlussvortrag von Stadtarchiv, Volkshochschule und Oberbürgermeister Johannes Arnold unter dem Titel "Demokratie & Bürgerbeteiligung", bevor der Tag mit einem Filmbeitrag des Jugendgemeinderats im CinéEck zu Ende ging.

Bei seinen Ausführungen betonte OB Arnold humorvoll, wie selten Politiker direkt nach ihren Wünschen gefragt würden. Sein größter Wunsch sei, dass in politischen Diskussionen „Fakten mehr zählen müssten als Meinungen“. Voraussetzung dafür sei jedoch eine gemeinsame Anerkennung dieser Fakten, was zunehmend durch eine „Erregungskultur" mit Problemfixierung und Wissenschaftsverleugnung erschwert werde – zusätzlich befeuert durch soziale Medien und eine pauschale Misstrauenshaltung gegenüber Politik und Verwaltung. Er ergänzte, dass die öffentliche Aufmerksamkeit häufig nur den Problemen gelte, während funktionierende Bereiche kaum Beachtung fänden. Lautstarke Kritik gehe zudem selten mit Lösungsvorschlägen einher; viele erwarteten eher ein schlichtes „Mein Wille geschehe“. Politik bedeute jedoch Abwägung und Kompromiss, denn „gehört werden heißt nicht automatisch erhört werden“. Konstruktive und aktive Bürgerbeteiligung sei daher essenziell, wie etwa beim Integrierten Stadtentwicklungskonzept für Ettlingen (ISEK).

Stadtarchivarin Christiane Pechwitz erinnerte zuvor an die lokale Tradition des Bürgerengagements – vom „Ettlinger Mauerbau“ im Jahr 1963 über die Bürgeranhörung in Spessart 1972 bis zu den Initiativen gegen Müllverbrennungsanlagen in den 1990ern. Viele Beteiligungsformate seien historisch nicht von oben eingeführt worden, sondern aus aktiven Initiativen der Bürgerschaft entstanden. Sie zitierte Max Frisch: Demokratie bedeute, sich aktiv einzumischen, statt auf Entscheidungen „von oben“ zu warten.
In der anschließenden Diskussion ging es auch um finanzielle Zwänge der Kommune. OB Arnold betonte, Ettlingen spare nicht aufgrund schlechter Haushaltsführung, sondern weil viele Vorgaben von Bund und Land unzureichend gegenfinanziert seien: „Wer etwas beschließt, sollte auch dafür zahlen.“

Zum Abschluss verglich der Oberbürgermeister die Demokratie mit einem Gebäude: Das Grundgesetz bilde das Fundament, die kommunale Selbstverwaltung das Erdgeschoss, die Umsetzung vor Ort das obere Stockwerk und Jugendgemeinderäte das Dach mit dem Blick in die Zukunft. Sein Fazit: „Die Demokratie bietet uns viele Möglichkeiten – aber wir müssen von ihr auch Gebrauch machen.“

Tag der deutschen Einheit

OB Arnold und Referent von Marschall beim Tag der deutschen Einheit vor Publikum

Und am nächsten Tag war gleichfalls die Schlossgartenhalle gut besucht zum Festakt zum Tag der deutschen Einheit. Parallel fand in Löbau, Ettlingen Partnerstadt in Sachsen seit 1990 die Jubiläumsfeier statt, zu der eine Ettlinger Delegation mit Bürgermeister Dr. Moritz Heidecker sowie Vertretern des Gemeinderates, der Verwaltung und Vereine gereist war.

Dank einer Videobotschaft nahm Löbaus Rathauschef Albrecht Gubsch an der Ettlinger Feierlichkeit teil. Er unterstrich, es sei viel mehr gut gegangen als Fehler gemacht worden nach der Wiedervereinigung. Auch OB Arnold hatte in seiner Begrüßung betont, dass sich unzählige Menschen aus Ost und West kennengelernt haben. Er verwies aber auch darauf, „Demokratie ist kein Zuschauersport“. Und dann folgte „harte Kost“ von Christoph von Marschall, diplomatischer Korrespondent der Tagesspiegel-Chefredaktion. Er sprach von einer mentalen Zeitenwende Europas, das neben den USA und China eine der drei Weltmächte sei, aber dennoch nicht ernst genommen werde.

Dies gelte auch für Deutschland. Drei Prioritäten führte von Marschall auf, sicher ist alles, Wirtschaftswachstum sei unabdingbar und es braucht eine Antwort auf die Migrationskrise. Er fordert Einigkeit und Entschlossenheit und stellte die rhetorische Frage, „warum machen wir keine Stolzfrage aus dem eigenen Schicksal?“ Anschließend wurde die Nationalhymne gesungen und noch angeregt über den Vortrag des lange in den USA gelebten von Marschall diskutiert.